Die Katholische Pfarrei St. Mathilde Quedlinburg

Anregungen und Ideen

Predigt zum 2. Sonntag der Weihnachtszeit

von Pfarrer Winfried Runge

Liebe Schwestern und Brüder,

am 2. Sonntag der Weihnachtszeit wird uns noch einmal das Weihnachtsevangelium verkündet, das wir am 1. Feiertag gehört haben, der Prolog des Johannesevangeliums. Damals haben wir etwas mehr auf die Ablehnung des göttlichen Kindes geschaut, die in die Worte gefasst ist: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.“
Heute, am Beginn des neuen Jahres wollten wir auf die andere Seite der Medaille schauen: „Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die aus Gott geboren sind.“ Johannes spricht hier die Taufe an, die neue Geburt aus Wasser und Heiligem Geist. Und wir dürfen uns zu Beginn des neuen Jahres die Frage stellen: Wozu befähigt uns dieses Sakrament? Welche Möglichkeiten und welcher Auftrag liegen darin. Und ich möchte diese Frage ganz bewusst an den Beginn dieses Jahres stellen, weil er verbunden ist mit einem Projekt, das Papst Franziskus im Herbst 2021 gestartet hat: die Welt-Synode der katholischen Kirche, ein Weg, auf dem es um die zentrale Frage geht, wie wir heute „gemeinsam Zeugen der Liebe Gottes sein“ können, in einer Welt, in der Gott nicht mehr notwendig zu sein scheint. Ich möchte dazu ein paar Gedanken aus dem Vorbereitungsdokument des Papstes aufgreifen.

Anstatt von Synode spricht der Papst auch gern vom „Gemeinsamen Gehen“ – und vielleicht ist das das erste brauchbare Bild, das wir für die Planung des Jahres 2022 ins Herz nehmen sollten – „gemeinsam gehen“ – das ist durchaus auch wörtlich zu nehmen. Gemeinsam heißt, es sollen bei dieser Synode alle teilnehmen können, niemand soll ausgeschlossen werden... es geht um einen Prozess, „der jedem – besonders denen, die sich aus verschiedenen Gründen an den Rändern befinden – die Gelegenheit gibt, das Wort zu ergreifen und angehört zu werden, um zum Aufbau des Volkes Gottes beizutragen.“

Ein wichtiges Thema wird sein, „wie in der Kirche die Verantwortung und die Macht gelebt werden. Dabei werden Vorurteile und unangemessene Praktiken, die nicht im Evangelium gründen, hervortreten, bei denen der Versuch einer Umwandlung vorzunehmen ist.“ Dazu heißt es konkret:
„Wir können uns nicht davor verstecken, dass die Kirche selbst dem Mangel an Glauben und der Korruption in ihrem Innern entgegenwirken muss. Besonders können wir das Leiden der Minderjährigen und der vulnerablen Personen nicht vergessen, welches sie „wegen sexuellem wie Macht- und Gewissensmissbrauch seitens einer beträchtlichen Zahl von Klerikern und Ordensleuten erfahren haben“. Wir sind beständig „als Volk Gottes gefragt, uns des Schmerzes unserer an Leib und Seele verwundeten Brüder und Schwestern anzunehmen“: Zu lange war die Kirche nicht bereit, in ausreichendem Maß dem Schrei der Opfer zuzuhören. Es handelt sich um tiefe Wunden, die nur schwer zu heilen sind, für welche man nie genug um Verzeihung bitten kann, und die Hindernisse darstellen, zuweilen gewaltige Hindernisse, um in der Perspektive des „gemeinsamen Gehens” voranzuschreiten. Die gesamte Kirche ist aufgerufen, sich der Last einer Kultur bewusst zu werden, die von Klerikalismus gekennzeichnet ist und welche sie aus ihrer Geschichte geerbt hat, sowie derjenigen Formen der Ausübung von Autorität, aus welchen verschiedene Arten des Missbrauchs entspringen können (Missbrauch von Macht, ökonomische Missbräuche, geistlicher Missbrauch, sexueller Missbrauch).“

Das Ganze tun wir nicht allein, innerkatholisch, sondern:
„Bei diesem „gemeinsamen Gehen“ bitten wir den Geist, uns entdecken zu lassen, wie die Gemeinschaft, welche die Vielfalt der Gaben, der Charismen und der Dienste zur Einheit führt, der Sendung dient: eine synodale Kirche ist eine Kirche „im Aufbruch“, eine missionarische Kirche, «mit offenen Türen» (EG, Nr. 46). Dies umfasst auch die Einladung, die Beziehung zu den anderen Kirchen und christlichen Gemeinschaften, mit denen wir in der einen Taufe verbunden sind, zu vertiefen. Die Perspektive des „gemeinsamen Gehens“ ist aber noch weiter und umgreift die ganze Menschheit, mit der wir „die Freude und die Hoffnung, die Trauer und die Angst“ (GS, Nr. 1) teilen. Eine synodale Kirche ist ein prophetisches Zeichen, vor allem für eine Gemeinschaft der Nationen, die unfähig ist, ein gemeinsames Projekt vorzuschlagen, um durch dieses das Wohl aller zu verfolgen: die Synodalität zu praktizieren ist heute für die Kirche die klarste Weise, um allumfassendes Heilssakrament“ (LG, Nr. 48) zu sein, „Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (LG, Nr. 1).“

Gerade die Pandemie zeigt, wie schnell das Gefühl „Wir sitzen alle in einem Boot“ schwindet und nationale Egoismen die Oberhand gewinnen. Papst Franziskus hatte schon zu Ostern gefordert, den Impfstoff solidarischer zu verteilen. Kurz vor Weihnachten bringt die WHO die Begründung und verstärkt die Kritik mit der Schlagzeile: „Boostern verlängert die Pandemie. Reiche Länder sind mit ihren „Auffrischimpfungen für alle“ wahrscheinlich für eine Verlängerung der Corona-Pandemie verantwortlich. Wären die dafür verwendeten Impfdosen an Gesundheitspersonal und gefährdete Menschen in ärmeren Ländern gegangen, hätten schon im September 40 Prozent der Menschen in allen Ländern geimpft werden können.“

Aber zurück zur Synode: Der Papst beendet sein Dokument mit diesen Worten: „Wir erinnern daran, dass es nicht Zweck dieser Synode ist, Dokumente zu produzieren, sondern „Träume aufkeimen zu lassen, Prophetien und Visionen zu wecken, Hoffnungen erblühen zu lassen, Vertrauen zu wecken, Wunden zu verbinden, Beziehungen zu knüpfen, voneinander zu lernen und eine positive Vorstellungswelt zu schaffen, die den Verstand erleuchtet, das Herz erwärmt, neue Kraft zum Anpacken gibt“.
Machen wir uns also gemeinsam auf den Weg!
Gehen wir gemeinsam in ein neues Jahr. Amen.

Gebet vor einer Zusammenkunft:

Wir stehen vor dir, Heiliger Geist,
in deinem Namen sind wir versammelt.

Du, unser wahrer Ratgeber: komm zu uns,
steh uns bei,
kehre ein in unsere Herzen.

Lehre uns, wohin wir gehen sollen;
zeige uns, wie wir das Ziel erreichen können.

Bewahre uns davor,
als schwache und sündige Menschen die Orientierung zu verlieren.

Lass nicht zu,
dass Unwissenheit uns auf falsche Wege führt.

Gib uns die Gabe der Unterscheidung, dass wir unser Handeln nicht
von Vorurteilen und falschen Rücksichten leiten lassen.

Führe uns in dir zur Einheit,
damit wir nicht vom Weg der Wahrheit und der Gerechtigkeit abkommen,
sondern auf unserer Pilgerschaft dem ewigen Leben entgegenstreben.

Das erbitten wir von Dir,
der du zu allen Zeiten und an allen Orten wirkst, in der Gemeinschaft
mit dem Vater und dem Sohn von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.